Die Geschichte der Evangelisch-Lutherischen Bekenntnisgemeinschaft im Überblick
Am 29. September 1922 nahm der 75jährige Oberhofprediger Franz Dibelius seinen Abschied, und am 30. September wurde der Leipziger Theologieprofessor D. Ludwig Ihmels im Sitzungssaal des Landeskonsistoriums als erster sächsischer Landesbischof verpflichtet. Seine Predigtstätte war die Sophienkirche in Dresden. Am 7. Juni 1933 starb er an einem Krebsleiden.
Die Vakanz benutzte der Innenminister Dr. Fritsch, um in einem Gewaltstreich am 30. Juni 1933 die Befugnisse sämtlicher kirchenleitender Organe (Landesbischof, Landeskonsistorium, ständiger Synodalausschuss) auf den Führer der Arbeitsgemeinschaft nationalsozialistischer Pfarrer, Friedrich Coch, zu übertragen. Die Geheimräte (heute Landeskirchenräte) im Landeskonsistorium wurden beurlaubt, ebenso sieben Superintendenten und 14 Pfarrer. Der Kirchenkampf hatte begonnen. Am 7. Dezember sammelten sich die Pfarrer des »Notbundes«, aus dem die »Bekennende Kirche« (BK) hervorging, in der Zionskirche. Sie sprachen Friedrich Coch als Irrlehrer die geistliche Führung der Kirche ab.
Leiter der Bekennenden Kirche Sachsens war Hugo Hahn, der später der erste Landesbischof nach dem Krieg wurde. Die Bekennende Kirche Sachsens hatte viel Rückhalt in den Gemeinden und konnte immer wieder kleine Teilsiege verzeichnen. So wurden z. B. einige im KZ internierte Pfarrer wieder freigelassen. Die BK verstand sich in der Hauptsache als Gegenbewgung gegen die Vereinnahmung der kirchlichen Verkündigung durch die nationalsozialistische Ideologie, besonders durch die "Deutschen Christen". Gleichzeitig wehrte sie sich gegen die Einmischung des Staates in kirchliche Belange: Einführung des Arierparagraphen in der Kirche, Hineinreden in kirchliche Ausbildung, Leitung und Finanzen. Außerdem leistete sie selbstverständlich konkrete Hilfe für amtsenthobene oder inhaftierte Pfarrer und Mitarbeiter und deren Familien.
Während der Zeit der Kirchenausschüsse trat eine kurze Beruhigung im Kirchenkampf ein. Kurz darauf aber brach er wieder heftiger aus. Hugo Hahn wurde aus Sachsen ausgewiesen, und Reimer Mager übernahm die Leitung der sächsischen BK. Er wurde nach dem Krieg Präsident der ersten Landessynode.
Auf der ersten Bekenntnissynode der Bekennenden Kirche in Deutschland, 1934 in Barmen, wurde die Barmer Theologische Erklärung verabschiedet. Die zweite Bekenntnissynode fand in Berlin-Dahlem statt. In der sächsischen Landeskirche fand nach dem Ende des Krieges auf Anordnung der sowjetischen Militärregierung der „Selbstreinigungsprozeß“ statt. Es wurde eine Kommission mit Vertretern der BK gebildet, die die deutsch-christlichen Pfarrer in Gesprächen aufforderte, sich in einer schriftlichen Erklärung von ihrer deutschchristlichen Ideologie zu verabschieden.
Während der DDR-Zeit stärkte die BK den Kirchgemeinden und Christen den Rücken, wenn es um Auseinandersetzung mit dem Staat ging. Brisante kirchliche und gesellschaftliche Themen wurden durch Vorträge, Stellungnahmen und auf Rüsttagen diskutiert und unter die Leute gebracht. Heikle Themen waren die Wiederbewaffnung, Jugendweihe und Konfirmation, kirchliche Ausbildung, Verantwortung der Christen in der Gesellschaft, das Monopol staatlicher Schulen, Religionsunterricht und Christenlehre. BK-Mitglieder erarbeiteten auch Rahmenpläne für Religionsunterricht. Auch wenn die BK meist mit der sächsischen Kirchenleitung an einem Strang zog, gab es hin und wieder doch Reibungspunkte.
In den 80er Jahren wurden die Themen hochpolitisch. Es ging zuerst um Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung, zunehmend aber auch um Freiheit und Bürgerrechte. Die Sensibilisierung für diese Themen trieben die Menschen geradezu in die Kirchen. Von dort aus und durch Gottes gnädiges Eingreifen durften wir die Friedliche Revolution 1989 erleben.
Danach änderte sich die Aufgabe der Kirche zunehmend. Sie war nicht mehr der zentrale Sammelplatz gesellschaftskritischer Menschen. Heute beschäftigen uns Themen wie Lebensschutz, Bewahrung der Schöpfung und der guten Ordnungen Gottes (Ehe und Familie), Naturwissenschaft und Glaube, aber auch die wachsende Gewalt und Verrohung unserer Gesellschaft. Besonders in der allgemeinen Religiosität und dem wachsenden Esoterikmarkt gilt der Auftrag des Evangeliums unverändert. Damit wir auch vom Namen her nicht eine Kirche in der Kirche sind, wurde 1996 der Verein Evangelisch-Lutherische Bekenntnisgemeinschaft Sachsens e. V. gegründet. Damit haben wir den ursprünglichen Namen der BK von 1933/34 wieder aufgenommen. Wir sehen es weiter als unsere Aufgabe an, für die Reinheit der Lehre einzutreten, wachsam zu sein gegenüber Irrlehren und der Gesellschaft, besonders ausgelöst durch Zeitströmungen.